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Der Storch vor der Burg
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besetzter Storchenturm
Musikverein Ziesar

VERGANGENES: Geschwister Weisheit in Ziesar

Stadt Ziesar, den 02. 05. 2012

Sie fragen, was daran denn Aufregendes ist? Jeder Ort in Deutschland hat Geschwisterpaare und ich kenne viele Menschen in Ziesar, die Bruder oder Schwester haben. Dennoch haben die Weisheit`s etwas nicht Alltägliches an sich, was sie gegenüber anderen hervorhebt: Sie sind Artisten auf dem Hochseil.

Es war im Jahre 1982 oder 1983, als die Familie Weisheit, in aller Welt als GESCHWISTER WEISHEIT bekannt, in unser kleines Städtchen einkehrten, um nicht unser Kopfsteinpflaster anzuschauen, nein, sondern um uns eine Show darzubieten, die ihresgleichen sucht. Es war Frühsommer oder Spätherbst, als sie mit ihren Wohn- und Gerätewagen sowie mit einem fahrbaren Kran ihre „Zelte“ auf dem Sportplatz aufschlugen. Von weitem prangte auf diesen weißen Wagen der blaue Schriftzug „GESCHWISTER WEISHEIT“-Hochseilartistik. Am Anfang der Woche begannen sie mit dem Aufbau der Hochseilanlage, bestehend aus dem in Europa höchsten Hochseilmasten, einem kleineren sowie den Seilen selbst. Mehrere wurden zwischen den Masten gespannt, einige wurden im Boden verankert, die dann hinauf zu den Masten führten.

 

Ich war damals in der achten oder neunten Klasse und da auch Artistenkinder die Schulbank drücken mussten, kamen die Geschwister Werinia und Andre Weisheit zu uns und nahmen in dieser Woche am Unterricht teil. Von Angeberei bei beiden ob der Berühmtheit keine Spur, herzlich und freundlich waren sie und wurden umringt, ausgefragt, von uns gut aufgenommen. Gespannt lauschten wir den Erlebnissen beider, die uns ihren Alltag und von  den Auftritten in verschiedenen Ländern erzählten. Weit gereist waren sie zu ihren Shows, haben die „halbe Welt“ gesehen.

In der Woche probten die erwachsenen Artisten auf dem Boden, auf dem Hochseil, auf dem Motorrad und Fahrrad, die Schulpflichtigen dann am Nachmittag, nach manchmal acht Stunden Unterricht. Die Aufführung ihrer Show war für Donnerstag- oder Freitagnachmittag angesetzt, also noch wenige Tage Gespanntsein auf ihre Show.

Viele Leute kamen unter der Woche zum Sportplatz, um dem „Treiben“ der Artisten beizuwohnen, ihnen bei ihren Proben zuzuschauen und mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Damals gab es noch eine überaus große Herzlichkeit zwischen den Menschen, wenige nur kannten Berührungsängste. 

Namen, die mir heute noch bekannt sind wie oben angeführt sind die Werinia, Andre, Peter Mario und der derzeitige Direktor Rudolf Weisheit, von allen herzlich Rudi genannt.

Dann war es soweit, die Show konnte beginnen. Natürlich wie jede Darbietung, Action, Spannung und Unterhaltung war dies nicht umsonst, ein Eintritt von wenigen Mark damals wurde gezahlt, um sich dieses Schauspiel nicht entgehen zu lassen. Um Zaungäste fernzuhalten, die sich dachten, von weitem zuzuschauen ohne zu bezahlen, wurde der Sportplatz kurzerhand weiträumig abgesperrt. Freiwillige stellten sich von der Schopsdorfer Chaussee an über die Zufahrt zum damaligen Klubhaus, dem Sandweg hinter den Tannen, der bis an Fam. Lewandowski`s Haus vorbeiführt zur Straße Mühlentor und wieder entlang bis zur Chaussee. Die Zuschauer begaben sich hinter die um den Platz führende Absperrung und waren so dem Geschehen in der Luft ganz nahe. Über Lautsprecher wurden die Zuschauer zur Geschichte und zur Truppe selbst eingestimmt, über jedes Element der Show informiert, welcher Artist was jetzt macht. Ob sie per Fuß oder auf dem Einrad über`s Seil balancierten, ob einzeln oder in der Gruppe, ihre Darbietungen wurden immer wieder vom Applaus der Zuschauer begleitet, der auch der Lohn für ihre Artistik darstellt. Der Höhepunkt war das Hinauffahren von Andre auf dem Motorrad bis in luftige Höhe von fast 60 Metern. Die Maschine machte ordentlich krach; einen Handstand auf dem Lenker zeigte Andre wie auch stehend auf dem Sitz. Er ließ das Motorrad wieder hinunter gleiten, um dann mit Power an Höhe zu gewinnen und das nächste Kunststück zu zeigen. Just in diesem Moment erinnere ich mich daran, dass einer der Weisheit`s auf dem hohen Mast stand und mit einer Trompete die Aufführung eröffnete. Für 1 ½ Stunden waren die Zuschauer von den Weisheit`s auf dem Hochseil begeistert, in den Bann der „Manege“ gezogen, manchmal den Mund offen stehend und staunend über das Risiko, welches die Geschwister auf dem Hochseil eingingen. Am Ende dann das Finale: Alle Artisten standen auf dem Hochseil und zelebrierten die Kür. Die Zuschauer waren mitgerissen, applaudierend begleiteten sie das „Absteigen“ aller Künstler vom Hochseil bis auf den Boden, wo sie sich aneinandergereiht aufstellten und sich mit einer Verbeugung bedankten.

 

Informationen zu der Hochseiltruppe findet man unter www.hochseil.de oder man sucht nach Geschwister Weisheit; auf ihrer Homepage sind auch Fotos eingestellt. Dort ist auch nachzulesen, dass Andre Weisheit vom Seil stürzte und sich schwer verletzte.

 

Mario Jahn „Möhre“

 

Bild zur Meldung: VERGANGENES: Geschwister Weisheit in Ziesar