Das Ziesaraner Schwimmbad heute - eine Rückschau

Stadt Ziesar, den 04. 05. 2014

Mich hat es interessiert, wie das Schwimmbad von damals heutzutage aussieht, was aus den Gebäuden geworden ist, welche Veränderungen sich eingestellt haben und welche Erinnerungen es mit sich bringt.

So fuhr ich, als ich am 7. Februar dieses Jahres mit Familie meine Eltern besuchte, auf einen Abstecher dorthin. Leicht war es nicht, nach all den Jahren das Schwimmbad wieder zu finden, es sind ja mittlerweile 30 Jahre ins Land gegangen. Ich wusste noch, dass der Weg vom Petritor gesperrt wurde, weil der Eigentümer nach der Wende seine Ansprüche auf seinen Grund und Boden stellte. Also fuhr ich den Weg hinter den Petritor-Grundstücken und dachte mir, dass ich vielleicht das Bad aus Richtung des Naturlehrpfades erreiche, sozusagen von hinten anfahre. Doch weit gefehlt, es waren eingezäunte Wiesen und eine sich so veränderte Natur, die mir die Orientierung nahm. Als Kinder sind wir oft diesen Weg des Lehrpfades gegangen – ja, also irgendwann werde ich ihn mit meinen Kindern beschreiten. Also umkehren, zurück und den richtigen Weg finden. Dies hat auch so gut geklappt, dass ich dann doch am Ziel ankam. Holla die Waldfee – dachte ich, sie hat ja ganze Arbeit geleistet! Dort, wo einst grüner Rasen war, wuchsen große Rasenbüschel, dann und wann schon größere Bäume. Im großen Schwimmbad eine Menge Schilf, welches sich im Nichtschwimmerbereich breit gemacht hatte. Auch Bäume haben dort „Fuß“ gefasst.

So nahm ich meine Kamera zur Hand und begab mich auf einen Rundgang. Ich hatte das Bad in meinem Artikel „Rückschau auf das Ziesaraner Schwimmbad“ schon beschrieben und werde mich dann und wann wiederholen, aber es erleichtert mir die Beschreibung der Eindrücke und es kommt Neues hinzu.

 

Mein Herz schlug, als ich es sah. Vorbei am „Schild ohne Namen“, dem Metallgestänge der einstigen Aufschrift Schwimmbad Ziesar und der Absperrung parkte ich mein Auto auf einer Betonplatte, genau dort, wo früher der Trakt mit dem Eingang, Schwimmmeisterbüro, Umkleidekabinen für Frauen und Männer sowie der beiden Toilettenräume stand. Der Weg dahinter führt weiter über den ehemaligen Bahnübergang zum Rundkurs des Lehrpfades, beginnend an der Burg selbst. Die im Volksmund so lieb genannte Kleinbahn „Ferkeltaxe“ hörte man jedes Mal, wenn sie vorbeifuhr, ihr Ruf tönte laut, um auf ihr Passieren der Straßen zu warnen.

Da stand ich nun an der Treppe – bewegt von den Erinnerungen. Links, in dem nun nicht mehr vorhandenen Trakt, saßen die zwei älteren Damen als Kassiererinnen, bei denen man den Eintritt bezahlte. Hinter ihnen in einem Regal lagerten allerlei Süßigkeiten und Gebäck, rechts davon standen die markanten Holzkisten mit Selters, Cola, Brause und Bier, „Genthiner Bier“ in 0,33l Flaschen (die Fotos sind stellvertretend). Auch Bockwürste lagen im heißen Wasser des Topfes, die mit einem Toastbrot gereicht wurden. Rechter Hand der Treppe befand sich die Terrasse mit den typisch „DDR“ zusammenklappbaren Stühlen und Tischen – graue Holzbrettchen an einem Metallgestänge, dessen kleine runde Füße auf dem Boden standen. Die beiden Bäume spendeten sehr viel Schatten, den man zur Mittagszeit in heißen Sommern wahrlich nötig hatte.

Am Trakt vorbei führten die Betongehwegplatten zu den schon genannten Räumen. Entweder nahm man diesen Weg oder den über die Böschung am anderen Ende, wenn man zur Toilette wollte. Ja – die Toiletten, eine Wand mit Rinne für die Herren und fürs andere „Geschäft“ mit Holz eingefasste Plumpsklos.

Nun lief ich die Treppe hinab und erinnerte mich an unsere Probe des Jugendklubs Ziesar für einen selbst inszenierten Sketch. Wie auf dem Schwarzweißfoto zu sehen steigen drei ältere Damen, mit Hut und Kopftüchern verhüllt, in Kleidern steckend und Hackenschuhe tragend, die Treppe hinab. Helfend zur Seite stand ein junger Mann, der die Damen nicht über die Straße, sondern den beschwerlichen Weg hinunter begleitete. Alle vier sind (v.l.n.r): Fred Matthes, ehemaliger Kellner im Burghotel (ich glaube, dass es sein Name ist, bin mir aber nicht sicher), Thomas Pleier, Mario Jahn „Möhre“ und Jens Bathge. Im oberen Teil des Fotos sieht man den Trakt mit den typischen Fenstern.

An der Treppe unten angekommen konnte man nach links zum „Strand“ gehen oder auch von dort ins Schwimmbad an Leitern hineinsteigen oder vom Rand aus ins kühle Nass springen. Das Becken war in einen Nichtschwimmer- und Schwimmerbereich geteilt; man kann es deutlich am Schilf erkennen. Die älteren Kinder konnten im Nichtschwimmerbereich stehen. An beiden Ecken waren Stufen eingelassen. An den Kopfenden des 50m langen Beckens befanden sich die Startblöcke, von denen nur noch die Nummer 1 steht. An diesem rechts vorbei gelangte man zum alten Wirtschaftsgebäude; alt deshalb, weil außen die Balken des Fachwerks zu sehen waren. Vor diesem Gebäude stand die Strafbank; jeder, der sich einen Verstoß gegen die Schwimmbadordnung leistete, wurde vom Schwimmmeister Herrn Lessmann dort hinauf für eine halbe Stunde verbannt. Die Sitzstrafe konnte man gegen Verschönerung des Geländes, nämlich Papiersammeln, umwandeln und so verkürzen. Links von diesem Gebäude etwas weiter hinten stand die Schaukel, auf der gleich zwei ihren Spaß mit dem Auf und Ab haben konnten. Die Mutprobe bestand darin, so weit wie möglich hoch zu schaukeln und beim Vorwärtsschwung abzuspringen. Ein Gaudi war es in der Tat und ich kenne niemand, der sich je die Knochen gebrochen hat.

Auf unmittelbarer Linie vor der Schaukel befand sich das Kinderbecken. Es war nur so viel Wasser darin wie die Kleinsten stehen konnten, vielleicht 50-60 cm Wasserhöhe. Das tolle an diesem Becken – es wurde mit dem Wasser aus dem großen Becken gespeist. Ein Rohr war am Auslauf des großen angebracht und führte das Wasser direkt in den Einlass des kleinen. An dessen Ende, klaro, auch wieder ein Auslass. Von dort floss das Wasser in den hinter dem Gelände zur alten See hin vorbeigehenden Bach. Ganz zu Anfang des Badebetriebes stellte es einen Kreislauf dar: Wasser aus der Alten See floss ins große Becken, von dort ins kleine, dann in den Bach, sank in tiefer liegende Schichten und kam als Grundwasser in Form einer Quelle wieder ans Tageslicht. Eigentlich hätte Ziesar damals den Beinamen „Bad“ wegen des gesundheitsfördernden Moorwassers haben müssen – willkommen in der Kurstadt Bad Ziesar! Man hätte damals ein Wissenschaftsinstitut beauftragen sollen, ein Gutachten über das Wasser in Bezug auf die Wirkung der Badenden zu erstellen – meiner Meinung nach wäre es positiv ausgefallen. Nun ja, es kehrt nicht mehr wieder. An dieser Stelle der Einwand: Vielleicht weiß ich es nicht besser und das Wasser wurde seit jeher aus dem öffentlichen Netz ins Becken gepumpt, dann ist aber das Moorwasser, welches vom Beckenboden aus nach oben stieg zusammen mit dem Schlamm eine gute Mischung gewesen, die sich positiv auf die Gesundheit wirkte. Wie auch immer, man kann es nicht mehr ergründen.

 

Vor dem Kinderbecken liegt heute noch der Steinwal, in einem Stück aus Beton gegossen und damals mit einem Kran auf die Wiese abgelegt. Es fehlt aber die zweite Figur und ich weiß nicht mehr, welche es war. Dem Steinwal habe ich mit dem Auge und dem Lächeln Leben eingehaucht. Würden Kinder auf ihm spielen, wäre er nicht einsam.

Vom Eingang aus gesehen hinter dem großen Becken befand sich die Liegewiese, auf der sich alle tummeln und ein Sonnenbad nehmen konnten. Als Jugendliche ließen wir uns dort nieder und hörten Songs der NDW aus dem Sternrekorder SKR 700, solange, bis die R20-Batterien keinen Strom mehr lieferten. Auf Höhe der Liegeweise stand auch der hölzerne Turm, auf dem nur einer sitzen durfte: Herr Lessmann.

Das nächste Schwarzweißfoto zeigt nun die drei schon erwähnten betagten Damen auf dem Floß bei vollem Becken. Der Sketch: Wir spielen Skat, irgendwann beschmut (schummelt) jemand, es kommt zum Streit, der in ein „handfestes“ Schubsen übergeht, wobei natürlich alle drei baden gehen. Der Sketch wurde später beim vom Jugendklub organisierten Neptunfest vorgeführt. Übrigens, die Probe kam bei den Zaungästen an, als da wären z.B. die rechts stehenden Roland Jahn und Uwe …., Sohn des Hausmeisters der Schule. Im Hintergrund kann man die Dusche, das Reck, das Gerüst mit den hängenden Ringen, die beiden Sprungbretter und die Startblöcke sehen. Die weiße Kugel über dem Wassereinlass verschwindet bei dieser Fotoqualität. Hinter den Sprungbrettern konnte man damals auch im weichen Sand Volleyball spielen. Der Barren, von dem noch die Füße sowie ein Stückchen Holz übrig sind, lud ehemals auch zur sportlichen Betätigung ein. Zurück zum Becken: man sieht das letzte Schwarzweißfoto, aufgenommen am Tage des Neptunfestes. Die Häscher des Neptunkönigs Ingo Leffs, Rene Bucholz, Rene Opitz, „Möhre“ und der leider schon verstorbene Klaus-Peter Klein haben einen wasseruntauglichen Nichtschwimmer gefangen, der zu Neptun gebracht wurde, um seine Taufe mit allerlei „Schmackhaftem“ zu überstehen. Leider ist auch Neptun, hervorragend in Szene gesetzt von Holger Peters, viel zu früh von uns gegangen. Beide waren Freunde für mich, es berührt mich, an sie zu denken.

Auf diesem Foto hat man jetzt den Blick auf den anfangs beschriebenen Trakt in seiner vollen Länge und Bauweise. Petrus spielte an diesem Tag gut mit, viele Zuschauer wohnten dem Spektakel bei und applaudierten am Ende.

Zum Schluss das Pumpenhaus: Beim Betrieb dröhnte es aus diesem heraus - Wasser drängte in die Pumpe, um dann das Becken mit frischem Wasser zu versorgen.

 

Das Schwimmbad Ziesar war in den Sommermonaten immer ein Magnet, viele Gäste kehrten ein und ließen die Seele baumeln. Gerne denke ich daran zurück. Vielleicht geht es dem einen oder anderen auch so.

 

Bis dahin und viel Spaß beim virtuellen Rundgang,

Ihr Mario Jahn „Möhre“

 

P.S.: Haben Sie tolle Erinnerungen, die Sie den anderen mitteilen möchten? Schreiben Sie mir - ich werde alles sammeln und dann in einem Artikel von Herrn Steffen Huber, dem ehrenamtlichen Betreuer der Homepage von Ziesar, veröffentlichen lassen. Ihm danke ich für die bisherige reibungslose Zusammenarbeit und der Publizierung meiner Artikel.

 

 

 

Bild zur Meldung: Das Ziesaraner Schwimmbad heute - eine Rückschau

Fotoserien


Das Ziesaraner Schwimmbad heute - eine Rückschau (04. 05. 2014)

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Fotos: Mario Jahn

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